Eine Frage fürs Leben. Oder auch nicht, denn ändern kann man schließlich alles – wenn man’s denn so will. Ob man will ist halt die andere Frage; so oder so kann’s aber vorkommen, dass man gefragt wird, warum man’s will und spätestens dann muss man sich Gedanken machen. Was so klingt wie eine Frage nach dem Sinn des Lebens (oder der Ehe) ist in diesem Fall vielmehr eine der Taufe.
Denn was früher selbstverständlich war, ist heute ein Thema für die Selbstreflexion. Na gut, nicht unbedingt für jemanden, der allsonntäglich zum Frühshoppen, äh in die Kirche geht, aber doch für den „Christen von heute“. Denn wie mir der „Christ von heute“ erscheint ist ungefähr so: er hat als Kind bzw. Jugendlicher das Kirchenprozedere durchlaufen, fand es furchtbar zu Beichten und ungerecht, dass nur der Pfarrer den Messwein zu trinken bekommt. Wenn’s hochkommt besucht er an Weihnachten die Kindermesse oder öffnet am 06.01. den singenden Königen (oder wie heißen die noch gleich?) die Tür (beides wäre zu viel verlangt) und isst an Ostern geweihtes Fleisch. Ja, so in etwa läuft das mit der Religion heutzutage ab – schenkt, man sarkastischen Zungen Glauben. Also genauso lang bis man selbst ein Kind bekommt und die Frage nach der Taufe ansteht. Denn oben beschriebener Christ, ist halt im Herzen keiner (oder vielleicht ein halber) und was will er dann seinem Kind vermitteln, wenn für ihn die Sonntagsmesse einem Termin zur Mundhygiene gleichkommt – also etwas unangenehm ist, aber doch nicht die Härte einer Wurzelbehandlung hat.
Ungefähr solche Gedanken haben sich der große Kerl und ich über die kirchliche oder religiöse Zukunft des Kerlchens gemacht. Zumal uns ja die Taufe und die Nicht-Taufe zu gleichen Anteilen entgegenkommt, da einer von uns bereits ausgetreten und der andere noch dabei ist. Zu guter Letzt sind wir jedoch zu dem Schluss gekommen, dass wir vielleicht keine Vorzeigechristen sein mögen, aber doch Traditionalisten. Und für uns gehört es zur Tradition einer Kindheit am 11.11. das Martinsfest zu feiern, etwas über Nächstenliebe zu hören und nicht einfach nur so hübsche Laternen zu schwingen (was allerdings durchaus genauso legitim ist – schließlich gilt: alles was einem gefällt, darf sein). Oder auch den Allerheiligenstriezel am 31.10. zu backen, anstatt in amerikanischer Manier als Ghostbuster durch die Gegend zu ziehen, um ihn am 01.11. herzuschenken. Wenn dann das Kerlchen mal zu einem großen Kerl herangewachsen ist, steht es ihm frei unsere Entscheidung zu überdenken und seine eigene zu treffen; bis dahin kann er sich in den Rollen des „Atheisten(-aber-meine-Eltern-wollten-mich-taufen-lassen)“ oder des „Ministranten“ üben. Denn irgendwie glauben wir, dass es leichter ist eine Wahl zu treffen welche Apfelsorte man am liebsten mag, wenn man schon man einen Apfel gegessen hat (Zitat großer Kerl).
Wichtig ist uns bei all diesen Feierlichkeiten aber eben die Tradition dahinter und auch das „Gemeinsame“ daran. Und letzteres war genau das Motto der Taufe des Kerlchens; wir wollten ein wunderbares Lebensfest gemeinsam mit seinen Nächsten feiern und ihm so den Segen mit auf seinen Weg geben. Damit wir diesen Plan umsetzen konnten brauchte es einiges an Vorbereitung und Organisation, aber damit wurde die Taufe zu einem wahrhaftig einmaligen Glücksvogerl:
- Ideensammlung dazu was eine Taufe neben Gottesdienst und Essen für einen selbst zu einem Fest macht
- in Absprache mit dem Pfarrer Gestaltung der Tauffeier nach den eigenen Vorstellungen; dafür waren uns eigene Texte und Rituale zur Aufnahme in die Familie, selbstverfasste Fürbitten der Großeltern, eigene Liederwahl usw. wichtig*
- Wahl einer Location, die zu einem passt und auch Platz für Kinder zum Spielen bietet
- Auswahl authentischer, regionaler und hochwertiger Speisen
- Zusätzliche Programmpunkte wie bei uns z.B. ein Film über das Kerlchen oder auch das Backen des „Brot des Lebens“ im Rahmen eines Brotbackkurses
- Dekoration mittels selbst zusammengestellter Blumen und mit Fischen bemalte Steine (passend zum Thema Taufe) – generell macht es mir sehr viel Freude so viel wie möglich selber zu gestalten, da es dadurch so besonders persönlich wird, also raus mit den (verborgenen) Talenten und ran ans Gestalten!
- aufgrund des Themas „Tradition“ und weil wir’s hübsch finden, haben wir uns für Tracht entschieden
- Tragen einer persönlichen Taufschürze, wenn es diese in der Familie noch nicht gibt, ist es wunderbar eine solche Tradition zu starten, die von Generation zu Generation weitergegeben wird – dabei wird immer der Name des Täuflings mit dem Datum der Taufe eingestickt
*hier haben wir uns für Reinhard Mey mit „Menschenjunges“ (sein Album „Mein Apfelbäumchen“ ist ein ganz wunderbares für diesen Anlass), Christina Stürmer mit „du erinnerst mich an mein Herz“ und für Stevie Wonder mit „You are the sunshine of my life“ entschieden.
Diese Liste ist natürlich nicht vollständig. Denn alles darf, nichts muss. So ist es mit dem Glauben, der Kirche und dem Leben. Aber auf jeden Fall war es unser Rezept für ein gelungenes Fest und vielleicht ist es dem einen oder anderen ein wenig Inspiration für…
… das Glücksvogerl Tauffeier bzw. Lebensfest.
Liebe Anna, vielen Dank für die tollen Fotos!